Berichte
Trainerfortbildung in Italien
Am Abend des 12. März flogen Eva-Maria Sündermann und Alexander Schumann vom Hamburger Flughafen nach Rom. Ihr Ziel war das Olympic Center der FIJLKAM (Federazione Italiana Judo, Lotta, Karate, Arti marziali) in Ostia, in dem das erste Seminar der Trainerausbildung im Rahmen des Erasmus+ Projektes „Sport at School“ stattfand. Die VTBer wurden direkt nach ihrer Ankunft vom technischen Direktor des italienischen Karateverbandes, Professor Aschieri, begrüßt und willkommen geheißen.
Grundsätzliche Informationen zum Projekt „Sport at School“:
Erasmus+ ist ein Förderprogramm der Europäischen Union für Maßnahmen im Bereich von Erziehung, Ausbildung, Jugend und Sport im Zeitraum 2014-2020, dass das Projekt „Sport at School“ unterstützt.
"Sport at School" ist ein Schulsport-Projekt, das die Verbesserung der kognitiven und motorischen Fähigkeiten bei Kindern speziell durch Karatetraining im Rahmen des Grundschulunterrichts nachweisen soll. Beteiligt sind an diesem EU-Projekt die Nationen Italien, Frankreich, Spanien, Polen, Portugal und Deutschland. Zwei der vier aus Deutschland kommenden Trainer sind Alex und Eva. Sie sind vom Deutschen Karate Verband (DKV) berufen worden, um das Erasmus+ Projekt in Niedersachen durchzuführen.
Zur Vorbereitung auf die Praxisphase in den Schulen, die im August 2017 beginnt, werden Eva und Alex zusammen mit allen ausgewählten Trainern in zwei jeweils einwöchigen Seminaren in Italien geschult. Die Inhalte, die dort vermittelt werden, basieren auf den jüngsten wissenschaftlichen Forschungsergebnissen aus den Bereichen der Neurologie und Pädagogik.
In der Praxisphase sollen dann im Schuljahr 2017/2018 die ausgewählten Klassen eines zweiten Jahrgangs unterrichtet werden. Je zwei Stunden pro Woche sollen diese nach einem ausgearbeiteten Karatekonzept von den fortgebildeten Trainern geschult werden. Dafür wurden in Deutschland insgesamt vier Grundschulklassen aus Sachsen-Anhalt, Bremen und Niedersachsen für eine Kooperation gewonnen. Eva wird das Projekt an der Sundermann-Schule in Rhauderfehn und Alex an der Grundschule Hude Süd durchführen.
Durch die Erhebungen personenbezogener Daten zu verschiedenen Zeitpunkten (zu Beginn, zur Hälfte und am Ende des Schuljahres) sollen die motorische und kognitive Entwicklung der am Projekt teilnehmenden Kinder im Verhältnis zu einer Vergleichsgruppe untersucht werden. Die Daten werden zu einem späteren Zeitpunkt von zwei Universitäten in Spanien und Italien ausgewertet. Letztlich wird ein positiver Zusammenhang zwischen der speziellen motorischen Aktivität im Karate und der kognitiven und motorischen Entwicklung von Kindern erwartet.
Am 13. März wurden Eva und Alex neben den weiteren Trainern und Offiziellen der beteiligten Nationen zu Beginn des Seminars vom Präsidenten des italienischen Karateverbandes, Domenico Falcone, Professor Aschieri, und Luciano Chiappetta vom italienischen Ministerium für Bildung offiziell begrüßt. Luciano Chiappetta stellte dabei die Bedeutsamkeit des Projekts und die möglichen positiven Auswirkungen auf die Gesellschaft durch die vielversprechende motorische und geistige Entwicklung der Grundschüler heraus.
Anschließend gaben die Verantwortlichen den Teilnehmern einen Überblick zum Ablauf der Seminarwoche. Diese erste Woche der Trainerschulung vermittelt die theoretischen wissenschaftlichen Grundlagen und gibt einen Überblick über die Forschungsergebnisse, die dem Projekt zugrunde liegen. In einem zweiten Teil im Juni sollen darauf aufbauend die praktischen Methoden und Konzepte für die Durchführung des Projektes an den Schulen erarbeitet werden.
Bereits zu Beginn des Seminars sprachen Eva und Alex die Möglichkeit an, in den freien Zeiten zwischen den theoretischen Schulungen das Dojo des Stützpunktes für ein eigenes Training nutzen zu können. Professor Aschieri ermöglichte daraufhin allen Projektteilnehmern ein morgendliches Training vor den Karate-Athleten des italienischen Nationalkaders im Dojo.
Nach den Vorträgen des ersten Tages nutzte das deutsche Team den Abend, um Gespräche zu führen, und sich besser kennenzulernen.
14. März
Am zweiten Morgen des Seminars nahmen Eva und Alex das Angebot von Prof. Aschieri wahr und suchten die Trainingsstätte der Kaderathleten noch vor dem Frühstück um 6:00 Uhr auf. Nach dem Aufwärmen trainierten sie die Ausführung verschiedener Grundschultechniken. Wie dem Fersenabwärtsschlag oder dem Fersendrehschlag nach hinten.
Nach dem Frühstück ging es dann gestärkt und motiviert zum ersten Vortrag des Tages. Der Seminarablauf sah Veranstaltungen von Montag bis Donnerstag, jeweils von 9:00 bis 13:00 Uhr und von 15:00 bis 19:00 Uhr, vor. Die Präsentationen und Vorträge wurden entweder auf Englisch gehalten oder durch eine Dolmetscherin vom Italienischen ins Englische übersetzt.
Verschiedene Hochschulprofessoren wie Professor Menotti Calvani oder Professor Babiloni hielten Vorträge zum Beispiel über neurophysiologische Zusammenhänge zwischen Karate und der Entwicklung des Gehirns von Menschen, insbesondere des von Kindern. Darauf basierend wurden auch verschiedene motivationspädagogische Strategien vorgestellt, die den Trainern behilflich sein sollen „der beste Trainer zu werden, der sie sein können“. Ein weiterer wichtiger Aspekt war die frühkindliche und ganzheitliche motorische Förderung für die kognitive Entwicklung des Gehirns. Bei der methodischen Umsetzung bezogen sie sich dabei auf die Lehren von Konfuzius: „Ich höre und vergesse, ich sehe und behalte, ich handle und verstehe“. Es wurde betont, dass das Projekt nicht als Spezialisierungsmaßnahme für neue Karatetalente, sondern als Grundlagenausbildung für gesunde, ausgeglichene und lernfähige Kinder dienen soll.
15. März
Eva und Alex trainierten bereits wieder vor dem Frühstück im Dojo, um ihre Kata zu verbessern.
Die Athleten des italienischen Nationalkaders standen den motorischen Untersuchungen und Forschungen, die dem Erasmus Projekt zugrunde liegen, als Probanden zur Verfügung.
Sie wurden in einigen Videoanalysen gezeigt in denen Professor Aschieri und weitere Professoren signifikante Unterschiede in grundlegenden motorischen Tests zwischen Karateka der italienischen Nationalkader, Amateuren und nicht Karateka nachweisen konnten. Teile dieser Tests waren beispielsweise das Hüpfen auf einem Bein, das Laufen auf der Stelle, aber auch das Durchlaufen eines Parcours mit verschiedenen motorischen wie technischen Übungen.
Die Ergebnisse bezogen sich auf Karateka im Kindes-, Jugendlichen- und Erwachsenenalter. Die dabei aufgezeigten positiven Zusammenhänge des Karate und der Entwicklung von Kindern veranlassten die EU das Projekt „Sport at School“ in Form eines Erasmus+ Projektes zu fördern, um eine größere Untersuchung zu ermöglichen.
16. März
Wie die gesamte Woche schien auch an diesem Morgen in Ostia die Sonne an einem strahlend blauen Himmel. So zog es die VTBer nach draußen, um ihre erste morgendliche Trainingseinheit zu absolvieren.
In den folgenden Vorträgen am Donnerstag legten die Professoren Untersuchungen und Forschungsergebnisse zu Gehirnströmungen und Gehirnaktivitäten vor. Dabei stellten sie fest, dass die Leistungssportler im Karate in routinierten Situationen deutlich weniger geistige Anstrengung benötigen und in verschiedenen Situationen deutlich schneller handeln als die Vergleichsgruppen. Die Ergebnisse waren somit kongruent zu den Forschungsberichten der Professoren zu den motorischen Entwicklungen am Vortag.
In der Mittagspause nutzten Eva und Alex die Gelegenheit für einen Besuch des nahegelegenen Strands zusammen mit dem deutschen Team, um eine zusätzliche Trainingseinheit am Strand zu absolvieren.
Am Abend beendeten die Professoren die Veranstaltung vorzeitig, sodass sich das deutsche Team kurzfristig entschloss die gewonnene Zeit für einen Trip nach Rom zu nutzen. Innerhalb von 30 Minuten gelangten die VTBer mit dem Zug nach Rom. Nachdem sie die Porta San Paolo und das Kolosseum angesehen haben, ging das deutsche Team in einem nahegelegenen Restaurant essen.
17. März
Nach dem letzten Training am Freitagmorgen fand am Vormittag ein Abschlusstest statt, den sowohl Eva als auch Alex souverän bestanden. Professor Aschieri verabschiedete anschließend die Trainer und Offiziellen und wünschte allen eine gute Heimreise.
Die VTBer bedankten sich bei Prof. Aschieri für die lehrreiche Woche. Zudem tauschten sie Kontaktdaten mit den Trainern der anderen Nationalverbände aus, um die geknüpften Beziehungen für eventuelle Trainingscamps in den europäischen Nachbarländern zu nutzen.
Am frühen Nachmittag traten Eva und Alex dann die Heimreise an. Beide landeten wohlbehalten im Laufe des Abends am Hamburger Flughafen.
Der zweite Teil der Ausbildung wird im Juni im italienischen Ort Cesenatico stattfinden. Dort werden die Trainer in praktischen Inhalten rund um das Projekt geschult. Im Rahmen des jährlichen Sommercamps für Kinder und Jugendliche werden verschiedene Methoden und Übungen erarbeitet und vermittelt, die Inhalt des Schulunterrichts in der Praxisphase sein werden.
Eva und Alex sind schon gespannt und freuen sich bereits auf die zweite Schulungswoche und den zu gestaltenden Schulunterricht.