Berichte

Heidi Hartmann ist Vize-Weltmeisterin im Vollkontakt-Kickboxen

Peter Zaar, Präsident
der WAKO-Deutschland

21.10.2003

Um 6:01 Uhr ging ihr Zug in Richtung Köln. Debbie Paterok und Heidi Hartmann sind motiviert, sie fahren nach Paris um bei der Weltmeisterschaft ihr Bestes zu geben und eine vordere Platzierung zu erkämpfen. Der Bundestrainer Ferdinand Mack hat ihnen auf dem letzten Kaderlehrgang der Nationalmannschaft gute Chancen zugestanden.

9:30 Uhr Köln Bahnhof: Heidi und Debbie treffen die anderen Nationalmannschaftsmitglieder und warten auf den Bus, der aus Nürnberg kommt und bereits andere Kämpfer und Schlachtenbummler aufgelesen hat.
Die Stimmung im Bus ist wirklich gut. Mit Kämpfern, Trainern und Betreuern sind sie circa 50 Personen, der Vize-Präsident Werner Sossna ist mit seiner Frau und dem Ehepaar Schorn bereits am Sonntag zu Vorbesprechungen vorgefahren.

Die deutsche Nationalmannschaft

Mit ein wenig Verspätung kommt das Team in Paris an der Marcel Cerdan Sports Hall an.

Das Wiegen verläuft an diesem Abend für die meisten Sportler erwartungsgemäß, lediglich zwei müssen am Abend noch ein paar hundert Gramm "Gewicht machen", eine davon ist auch Debbie.

20:00 Uhr: Endlich im Hotel! Es gibt noch ein leckeres Buffet, die Zimmer sind gut. Heidi und Debbie fallen erschöpft ins Bett!

22.10.2003

Der ganze Tag steht zur freien Verfügung, denn die Kämpfe beginnen erst am Donnerstag. Debbie und Heidi wollen ein wenig Paris erkunden und verabreden sich mit einigen anderen Sportlern zum gemeinsamen Sightseeing. Trotz des kalten Windes lassen sie es sich nicht nehmen zum Eiffelturm zu gehen. Sie haben dennoch Glück mit dem Wetter. Die Sonne scheint! Anschließend gönnen sie sich erstmal einen Cafe Creme in einem typisch französischen Bistro am Champs Elysee. Leider bezahlt man hier den Hauch der Weltstadt gleich mit!

Damit die beiden allerdings nicht schon vor den Kämpfen kaputt sind, gehen sie rechtzeitig ins Hotel zurück, um sich auszuruhen. Morgen früh werden sie die ersten Informationen über die Kampfpaarungen erhalten.

Unsere beiden Kämpferinnen Debbie
und Heidi mit Nationaltrainer
Ferdinand Mack (2. von rechts)

23.10.2003

7:00 Uhr Frühstück. Die Computer Freaks, hauptverantwortlich für die gesamte EDV vor Ort war übrigens Jens Walbersdorf aus Deutschland, haben bis spät in die Nacht gearbeitet. Es gab noch einige technische Probleme, die aber behoben werden konnten.

Die deutsche Nationalmannschaft strömt zusammen mit vielen anderen Nationalmannschaften in die Halle. An vier Seiten sind Tribünen, man schaut auf die Kampfflächen und die Ringe herunter. Es sind vier Kampfflächen für die Kategorien Semi- und Leichtkontakt und drei Ringe für die Vollkontakt-Kämpfe aufgebaut.

50 Nationen nehmen an der Weltmeisterschaft teil

50 Nationen nehmen hier teil, angemeldet waren sogar 63, einige hatten aber bis zu Beginn der Wettkämpfe kein Visum erhalten.

Fast 1.000 Kämpfer und Kämpferinnen gehen in den nächsten vier Tagen an den Start.

Kurz vor Mittag beginnen die Kämpfe und die deutschen Semi- und Leichtkontaktler sind in den ersten Begegnungen gleich erfolgreich.

Debbie und Heidi erfahren wenig später, dass sie in der ersten Runde, also im 1/8tel Finale, ein Freilos haben, was bedeutet, dass sie erst am Freitag kämpfen müssen.

24.10.2003

Heute beginnen die Kämpfe um 10:00 Uhr. Debbie ist gleich die erste, denn sie startet in der Klasse -48 kg. Die Reihenfolge der Kämpfe ist so gewählt, dass immer von den unteren Gewichtsklassen nach oben gekämpft wird. In ihrer ersten Begegnung trifft sie auf Vanin Gurriyrka aus Tunesien. Debbie zeigt ihr Kämpferherz und setzt die Tunesierin von Anfang an unter Druck. Diese kann sich in der zweiten Runde besser gegen Debbies boxerische Überlegenheit zur Wehr setzen und findet ihren Stil. Am Ende der dritten Runde warten alle gespannt auf das Urteil. Es kaum zu fassen, auch für den Bundestrainer: Debbie verliert den Kampf mit 2:1 Richterstimmen. Ein denkbar knappes Urteil. Damit ist die WM für Debbie leider schon beendet. Durch das k.o.-System bedeutet ein verlorener Kampf schon das Ende.

Heidi in Aktion mit einem Axe-Kick

Gegen Mittag steht Heidi ihrer ersten Gegnerin, der Russin Julia Chernenko gegenüber. Auch diese beiden Frauen schenken sich nichts.

Chernenko versucht von Anfang an ihre Reichweitenvorteile auszunutzen, sie hält Heidi mit ihren Beintechniken auf Distanz. Heidi findet jedoch immer wieder die Lücken, um wiederum ihre Fußtechniken anbringen zu können.

Heidi gewinnt das Viertelfinale gegen Julia Chernenko

In der Nahdistanz kann Heidi gute Treffer mit den Fäusten erzielen.

Auch dieser Kampf bleibt spannend bis zum Schluss. Die Kampfrichter entscheiden für Heidi mit 2:1 Richterstimmen.

Jubel in der deutschen Ecke! Heidi hat sich für das Halbfinale qualifiziert und trifft noch am Abend auf Nives Radic aus Kroatien.

Heidi (rechts) trifft mit einem rechten Haken

Hier läuft für Heidi alles planmäßig: Von Anfang an verschafft sie sich mit ihren Fäusten Respekt.

Die Kroatin wird bereits zu Beginn der zweiten Runde angezählt. Heidi kann sie wenig später wieder in der Ringecke stellen. Ein drittes Mal zählt der Ringrichter die Kroatin nicht an, er bricht den Kampf ab.

Freude beim gesamten deutschen Team und natürlich Zuhause in Großsander. Alle sind überzeugt, dass für Heidi mit dem heutigen Einzug ins Finale die Goldmedaille ein zu erreichendes Ziel ist.

25.10.2003

Noch am Freitag erfuhr Heidi, dass sie am Samstag die Beine hoch legen kann. Ihr Finale wird erst am Sonntag ausgekämpft. Den Ruhetag kann man nach zwei harten Kämpfen gut gebrauchen. Die physische und psychische Anspannung bei Wettkämpfen diesen Niveaus sind nicht gerade alltäglich.

Es bleibt sogar noch etwas Zeit, ins Herz von Paris zu fahren und sich noch einmal ein wenig abzulenken.

Am Abend können die Deutschen noch zwei Weltmeister feiern. Im Leichtkontakt gewinnt Jorge Coelho vorzeitig und kann zehn Jahre nach seinem ersten Gewinn der Weltmeisterschaft wieder Gold mit nach Hause nehmen.

Weltmeister in der Klasse -86kg:
Muamer Hukic

Im Rahmen einer Gala Veranstaltung kämpft Muamer Hukic in der Klasse - 86 kg gegen einen Russen um den ersten Platz im Vollkontakt.

Dieser harte, aber auch technisch sehr gute Kampf, wird von dem deutschen Team durch ständiges Anfeuern und Sprechchören unterstützt.

Der erst 18jährige Muamer gilt als großes Talent und gewann bereits im letzen Jahr die Europameisterschaft.

Muamer gewinnt den Kampf unter großem Jubel der deutschen Mannschaft und wird noch bis lang in die Nacht gefeiert.

von links: Adriane Doppler,
Tanja Sattler und Heidi Hartmann

26.10.2003

Drei Frauen des deutschen Vollkontakt-Teams stehen im Finale. Erste Kämpferin ist Fatma Akyüz in der Klasse - 52 kg. Fatma gehört schon lange zum deutschen Team und will sich nach ihrem Vize-Europameistertitel im letzten Jahr und dem Vize-Weltmeistertitel im Jahr 2001 hier die Goldmedaille holen. Fatma kämpft technisch auf sehr hohem Niveau und weiß ihre Hand-Fuß-Kombinationen gut einzusetzen. Am Ende entscheiden die Kampfrichter für die Russin, was auf Unverständnis vieler Zuschauer stößt. Fatma muss sich auch dieses Jahr leider mit dem Vize-Titel begnügen.

Heidi (links) trifft mit
einem Frontkick

Heidi steht nun im Finale der Polin gegenüber. Obwohl auch Heidi schon groß ist, überragt die Polin sie um einige Zentimeter.

Karolina Lukasic ist Rechtsauslegerin. Sie will Heidi mit ihren Fußtritten auf Distanz halten und versucht immer wieder mit Frontkicks zu punkten. Heidi sucht ihre Chance in der Halbdistanz, will die Polin mit den Fäusten erreichen. Ein ausgewogener Kampf in den ersten Minuten. Heidi weiß, dass sie die dritte Runde klar gewinnen muss, sonst wird es ein knappes Urteil werden.
Lukasic fängt an zu klammern, als Heidi mit ihren starken Kopfhaken in die Nahdistanz geht. Der Ringrichter muss die Frauen jetzt sehr oft trennen. Der Gong fällt, die Spannung in beiden Ringecken ist groß. Der Lautsprecher verkündet den Sieg der Polin.

Platz 1: Karolina Lukasic,
Platz 2: Heidi Hartmann,
Platz 3: Nives Radic und
Marjut Lappalainen

Anfängliche Enttäuschung in der deutschen Ecke. Die Nationaltrainer Sossna und Mack muntern Heidi mit lobenden Worten für ihre kämpferisch starke Leistung auf. Wenig später steht Heidi auf dem Treppchen und darf einen Pokal und die Silbermedaille mit nach Hause nehmen. Die Freude über einen hart erarbeiteten zweiten Platz bei der WM 2003 stellt sich dann schließlich ein. Glückwünsche aus Deutschland erreichen Heidi wenig später per Handy. Selbst Heidis Eltern waren extra angereist um ihre Tochter beim Finalkampf zu unterstützen.

Wenig später zeigt eine weitere Deutsche hervorragende Leistungen im Ring. Ilhame Assaoui wird in der Klasse +70 kg Weltmeisterin.

Nach der großen Feier am Abend, sind Debbie und Heidi dann doch froh, als es wieder in Richtung Heimat geht. Montagabend erreichen die beiden Großsander und stoßen mit ihrem Freundeskreis auf die errungenen Siege an.

Schon jetzt werden Pläne für die kommenden Meisterschaften geschmiedet. Das Ziel "der Gewinn der Weltmeisterschaft" steht nach wie vor fest!

Cheftrainer Jürgen Paterok, der auch mit einigen VTBlern ein paar Tage in Paris war, ist sich sicher, dass Heidi bei der nächsten WM ganz oben auf dem Treppchen stehen kann.

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